1. Habe ich einen Anspruch auf Arbeit im Home-Office?
Es gibt kein allgemeines Recht auf „Arbeit im Home-Office“. Allerdings können Arbeitsverträge, Betriebsvereinbarungen und Tarifverträge hierzu Regelungen enthalten. Maßgeblich sind daher immer die für Sie geltenden Bedingungen. Hier sollten Sie versuchen, mit Ihrem Arbeitgeber einvernehmliche Regelungen zu finden. Sprechen Sie auch gegebenenfalls mit Ihrem Betriebsrat oder der Schwerbehindertenvertretung, welche Möglichkeiten für Sie bestehen.
2. Kann ich aufgrund der (teilweisen) Schließung von Schulen und Kindertagesstätten im Home-Office arbeiten? Die (teilweise) Schließung von Schulen und Kindertagesstätten geben Ihnen nicht das Recht, der Arbeit fernzubleiben. Dies kann arbeitsrechtliche Konsequenzen haben. Versuchen Sie hier einvernehmliche Regelungen mit Ihrem Arbeitgeber zu treffen (vgl. Frage 1).
Zwischenzeitlich wurde im Infektionsschutzgesetz ein Entschädigungsanspruch für diejenigen Sorgeberechtigten geschaffen, die sich aufgrund der Schließung um die Kinderbetreuung kümmern und ihrer Arbeit nicht nachgehen können. Dieser Anspruch sieht eine Entschädigung in Höhe von 67 Prozent des Verdienstausfalles (bis max. 2.016 Euro pro Monat) für diese Notsituation vor. Der Anspruch steht auch Selbstständigen und geringfügig Beschäftigten zu!
Voraussetzungen sind, dass
• ein erwerbstätiger Sorgeberechtigter einen Verdienstausfall aufgrund der Schließung erleidet und
• die Sorgeberechtigung für mindestens ein unter zwölfjähriges bzw. behindertes Kind besteht und
• keine anderweitige Betreuungsmöglichkeit gegeben ist.
Der Anspruch gilt nicht, wenn die Einrichtung wegen Schulferien geschlossen ist!
Die Entschädigung war zunächst auf die Dauer von maximal sechs Wochen pro Elternteil begrenzt. Im Mai 2020 hat das Bundeskabinett beschlossen, dass der Anspruch auf 10 Wochen pro Elternteil und 20 Wochen für Alleinerziehende ausgeweitet wird und auch nur tageweise geltend gemacht werden kann (z.B. wenn die Notbetreuung nicht täglich möglich ist).
3. Kann ich aus Angst vor einer Ansteckung der Arbeit fernbleiben?
Die allgemeine Angst vor einer Ansteckung genügt nicht, um der Arbeit fernzubleiben. Das gilt grundsätzlich auch dann, wenn Sie selbst an Multipler Sklerose erkrankt sind. Anderes kann gelten, wenn es für Sie unzumutbar ist, die Arbeit aufzusuchen. Dann könnte sich ein sog. Leistungsverweigerungsrecht für Sie ergeben. Dabei sind immer Ihre individuellen Einzelumstände maßgeblich (in welcher Branche sind Sie tätig? Wie sieht Ihr konkretes Arbeitsumfeld aus? Welche Schutzvorkehrungen wurden getroffen und welche Maßnahmen können noch erfolgen etc.?).
Das BMAS hat spezifische Anforderungen an die Gefährdungsbeurteilung während der Pandemie formuliert, die vom Arbeitgeber zu berücksichtigen sind. Ferner gibt es Verordnungen der Länder und Konkretisierungen durch die Unfallversicherungen.
Im Rahmen dieser konkreten Gefährdungsbeurteilung durch Ihren Arbeitgeber ist auch zu berücksichtigen, ob Sie einer sog. „Risikogruppe“ gehören. Bei dieser Abwägung kann es daher eine Rolle spielen, ob Ihr Arbeitgeber über Ihre MS-Erkrankung informiert ist. Wenn Ihrem Arbeitgeber Ihre Erkrankung bis zum jetzigen Zeitpunkt nicht bekannt ist, müssen Sie eine Abwägung treffen, bei der Sie auch Ihre Erfahrungen mit Ihrem Arbeitgeber, Ihren Kollegen und Ihrem Umfeld berücksichtigen sollten. Holen Sie sich dazu Hilfe! Besprechen Sie sich innerhalb Ihrer Familie, mit Vertrauenspersonen bzw. der Schwerbehindertenvertretung. Selbstverständlich können Sie auch den DMSG-Landesverband in Ihrem Bundesland kontaktieren.
Höchstrichterlich ist bislang jedoch nicht entschieden, ob und unter welchen Voraussetzungen Ihnen als Arbeitnehmer ein Entgeltanspruch in den Fällen zusteht, in denen der Arbeitgeber die Schutzmaßnahmen erfüllt hat, Sie aber aufgrund Ihrer individuellen Gesundheitssituation Ihre Tätigkeit nicht ohne erhöhtes Risiko für einen schweren Krankheitsverlauf ausüben können. Lassen Sie sich im Zweifelsfall rechtlich beraten und bleiben Sie keinesfalls einfach der Arbeit fern, da mit arbeitsrechtlichen Konsequenzen zu rechnen ist!
4. Was ist im Hinblick auf meine Patientenverfügung zu beachten?
Mit einer Patientenverfügung können Sie vorsorgen, indem Sie Ihren Patientenwillen für den Fall dokumentieren, dass Sie selbst nicht in der Lage sind, diesen zu kommunizieren und Entscheidungen zu treffen. Sie können in dieser Verfügung konkret festlegen, ob und unter welchen Voraussetzungen Sie in bestimmte medizinische Maßnahmen einwilligen oder nicht. Der Arzt, der Sie behandelt, hat dann anhand Ihrer Verfügung zu überprüfen, ob Ihre Erklärung der vorliegenden Behandlungssituation entspricht und Ihre Erklärung zu beachten.
Sofern Sie bereits über eine Patientenverfügung verfügen, hat diese auch jetzt grundsätzlich Gültigkeit! Da eine wirksame Patientenverfügung möglichst konkret gefasst sein muss ist es ratsam, konkrete ärztliche Maßnahmen, konkrete Krankheiten und Behandlungssituationen zu beschreiben. Daher ist zu empfehlen, dass Sie Ihre Patientenverfügung regelmäßig überprüfen und gegebenenfalls an aktuelle Lebensverhältnisse, Ihren veränderten Gesundheitszustand oder auch an medizinische Erkenntnisse anpassen. Vor diesem Hintergrund ist es auch im Hinblick auf die derzeitige Pandemie sinnvoll, dass Sie nochmals schauen, ob die Patientenverfügung eventuell angepasst werden sollte. Informationen hierzu finden Sie auf der Seite des Bundesjustizministeriums. Lassen Sie sich gegebenenfalls auch ärztlich beraten!
5. Wann habe ich Anspruch auf Kurzarbeitergeld?
Durch das Kurzarbeitergeld sollen die Einbußen des Arbeitnehmers verringern und der Arbeitsplatz erhalten bleiben. Das Kurzarbeitergeld (KUG) wird vom Arbeitgeber ausgezahlt und von der Bundesagentur für Arbeit erstattet. Kurzarbeit kann dabei nicht einseitig vom Arbeitgeber angeordnet werden, sondern hierfür ist eine rechtliche Grundlage (Tarifvertrag, Betriebsvereinbarung, individuelle Vereinbarung) erforderlich.
Bereits im März 2020 wurden Erleichterungen für den Anspruch auf Kurzarbeitergeld beschlossen. Kurzarbeitergeld kann seitdem beantragt werden, wenn mindestens 10 Prozent der Beschäftigten vom Arbeitsausfall betroffen sind. Ferner werden die Sozialversicherungsbeiträge vollständig von der Bundesagentur für Arbeit erstattet.
Bislang übernahm die Bundesagentur 60 Prozent des ausgefallenen Nettolohnes, bei Arbeitnehmern mit Kind 67 Prozent. Durch das Sozialschutz-Paket II wurden im Mai 2020 weitere Verbesserungen verabschiedet, die bis zum 31. Dezember 2020 gelten sollen:
• Dauert die Kurzarbeit mehr als drei Monate an, so soll das Kurzarbeitergeld ab dem vierten Monat 70 Prozent bzw. 77 Prozent (bei Kindern) und ab dem siebten Monat 80 Prozent bzw. 87 Prozent (bei Kindern) des Netto-Lohnausfalles betragen. Voraussetzung ist allerdings, dass eine Kurzarbeit von mindestens 50 Prozent der üblichen Arbeitszeit vorliegt. Für die Berechnung sind die Monate mit Kurzarbeit ab März 2020 maßgeblich.
• Ferner wurden die Hinzuverdienstgrenzen geändert (vgl. Frage 6.).
Einige Arbeitgeber zahlen zusätzlich Aufstockungszuschüsse. Hier kommt es auf die für Sie geltenden Vereinbarungen an! Aufgrund der neu beschlossenen Erhöhung des Kurzarbeitergeldes können sich hier allerdings Unklarheiten ergeben. Beachten Sie die aktuellen Entwicklungen und wenden Sie sich gegebenenfalls an Ihren Betriebsrat oder eine Vertrauensperson.
Das Kurzarbeitergeld ist steuerfrei, unterliegt aber dem Progressionsvorbehalt. Hinsichtlich etwaiger Arbeitgeberzuschüsse ist eine steuerfreie Gewährung bis Ende 2020 geplant. Bitte achten Sie hier auf die aktuelle Entwicklung!
Für Arbeitnehmer, deren Anspruch auf Kurzarbeitergeld bis zum 31.12.2019 entstanden ist, wurde die Bezugsdauer auf bis zu 21 Monate, längstens bis zum 31.12.2020 verlängert.
6. Kann ich neben der Kurzarbeit mein Einkommen aufbessern?
Ab Mai 2020 und befristet bis zum 31.12.2020 sollen alle Arbeitnehmer, die sich in Kurzarbeit befinden und die eine Nebenbeschäftigung neu aufgenommen haben, Hinzuverdienst bis zur vollen Höhe ihres bisherigen Monatseinkommens anrechnungsfrei erzielen können. Dies galt bislang nur für sog. „systemrelevante Beschäftigungen“.
7. Gibt es wesentliche Änderungen in der gesetzlichen Pflegeversicherung?
Durch das Sozialschutz-Paket II, welches am 22.5.2020 verkündet worden ist, wurden einige Änderungen zum SGB XI eingefügt, u.a. wurde beschlossen:
• Pflegebedürftige mit Pflegegrad 1 können (befristet bis zum 30.9.2020) den monatlichen Entlastungsbetrag in Höhe von 125 Euro auch für die Inanspruchnahme anderweitiger haushaltsnahe Dienstleistungen einsetzen (z.B. für örtliche Nachbarschaftshilfen).
• Alle Ansprüche aus noch nicht genutzten Entlastungsbeträgen aus dem Jahre 2019 (die am 30.6.2020 verfallen würden) können noch bis zum 30.9.2020 genutzt werden!
• Das sog. Pflegeunterstützungsgeld wird für den Zeitraum vom 23.5.2020 bis zum 30.9.2020 von zehn auf bis zu zwanzig Arbeitstage verlängert, um die Pflege eines pflegebedürftigen nahen Angehörigen sicherzustellen oder zu organisieren. Dies soll unter engen Voraussetzungen unabhängig davon gelten, ob eine kurzzeitige Arbeitsverhinderung i.S.d. Pflegezeitgesetzes vorliegt!
• Bei zum Verbrauch bestimmter Pflegehilfsmittel (z.B. auch Schutzmasken!) wurde rückwirkend zum 1.4.2020 bis zum 30.9.2020 der Betrag von 40 Euro auf 60 Euro angehoben! Hinsichtlich des Verfahrens wurde nichts geändert, so dass grundsätzlich Quittungen erforderlich sind. Verfahrenserleichterungen sehen die Pflegekassen vor, wenn mehrfach Quittungen in Höhe des Höchstbetrages vorgelegt wurden. Bitte wenden Sie sich hier an Ihre Pflegekasse.
• Bei Kurzzeitpflege, die im Zeitraum bis 30.9.2020 in Einrichtungen, die stationäre Leistungen zur medizinischen Rehabilitation erbringen, erfolgt, werden Aufwendungen bis zu 2.418 Euro von den Pflegekassen übernommen.
Zuvor wurden bereits zahlreiche Änderungen beschlossen. So wurden z.B. die Qualitätsprüfungen bis Ende September 2020 ausgesetzt und bei der Begutachtung wird auf eine persönliche Untersuchung vorerst bis Ende September 2020 verzichtet. Auch werden Wiederholungsbegutachtungen und Beratungsbesuche nach § 37 Abs.3 SGB XI ausgesetzt.
Weitere Informationen erhalten Sie auf unserer Webseite.
https://www.dmsg.de/corona-virus-und-ms/
Stand: 24.05.2020
Quellen:
https://www.bundesregierung.de;
https://www.bmas.de;
www.bmjv.de